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Eintrag in das Buddelbuch – Euphelia am 4. Dezember

Euphelia ist selbst ganz überrascht, was sich hinter dieser Tür verborgen hält. Eigentlich hatte das Adventskalendertürenöffnungsteam keinen Plan für den zauberhaften zweiten Advent. Viel zu oft hatten sie heute Türen klappen hören. Doch wer will schon über Ausgangstüren schreiben. Ausgangstüren! Das wäre doch wirklich traurig. So schön, wie das Hotel am Wochenende gefüllt war, so viel Abschied gab es nun heute. Lange wurde im Wohnzimmer erzählt, so richtig wollte niemand fort. Die, die blieben, konnten diesen wundervollen grauen Nachmittag bei Kerzenschein, heißer Schokolade, Glühwein und köstlichem Kuchen genießen. Und mit Buch? Was für eine Frage! Besser, als für ein Buch in der Hand, mit dicken Socken an den Füßen und etwas Köstlichem im Glas, konnte dieser Tag gar nicht sein. Heike las den neuen Roman von Carsten Sebastian Henn „Ein Schuß Whiskey“ zu Ende. Ah, denkt Euphelia, da kommen doch sicher Ideen hinterher. Klar! Jedoch Geduld. Geduld.
Zurück zur Tür, die nicht geplant war. Conny mag gern nach solchen intensiven Wochenenden ganz allein für sich sein, um noch einmal die Erlebnisse, Gespräche und Anregungen Revue passieren zu lassen. Nicht umsonst bleibt sie auch im Kino immer sitzen, bis die letzte Zeile des Abspanns vorbei ist. Sie ist bei allem, was sie tut, mit Herz und Seele dabei. Mal eben so nebenbei – geht nicht. Und so schlich Conny am Abend langsam, in Gedanken versunken, auch ein wenig erschöpft, die Treppe im Brockhaus zu ihrer Wohnung hinauf. In ihre Tasche hatte sich Fridofranz hinein geschmuggelt. Euphelia hatte es in letzter Sekunde verpaßt, noch unbemerkt in die Tasche zu springen. Dabei wäre es eine gut gepolsterte Landung geworden, denn Conny war mal wieder mit ihrem gesamten Reisegepäck unterwegs auf dem langen Weg vom Büro nach Hause. Kalender, Bücher, Strickzeug, Telefon, noch mehr Bücher… – ihre beiden Taschen schreien echt nach Aussteigerurlaub (andere kommen aus Amerika mit weniger Gepäck zurück). Auf halber Treppe steht der Adventskalender von Stefanie aus dem letzten Jahr, der bereits zwölf Monate lang eine Maskotchenfunktion eingenommen hat. Immer, wenn Conny daran vorbeigeht, hört man ein leises: Hallo, Nini! Heute mit geflüstertem Echo – und so bemerkte sie Fridofranz in ihrer Tasche. Beide griffen im Affekt gleichzeitig zur selben Tür, welche wirklich selten geöffnet wird. Deshalb hatte Fridofranz noch keine Ahnung, was da zum Vorschein kam. Conny sammelt sooo viel. Bücher über Bücher, Bücher über Gärten, Bücher über Brot, über Köche, über besondere Frauen, über besondere Orte – doch daß Conny auch Handarbeitsbücher sammelt – Fridofranz war völlig verwirrt.

Wann, sag wann, kann sie sich damit auch noch beschäftigen? Sogar Conny schien leicht überrascht. Aha, schon voll der Schrank? Wann, sag, wann, kann sie das alles noch ausprobieren, was da an Ideen in diesem Schrank versteckt steht? Zum Glück gibt es auf dem Weg zu dieser Antwort schon einen Meilenstein. Mit Gudrun, die in Lachendorf bei Celle mit ihrer Tochter den sehr erfolgreichen „Südheide Wollshop“betreibt, verabredete sie sich im nächsten Jahr zu ganz besonderen Stricktagen. Alle, die Lust haben zu stricken, zu quatschen, Techniken auszuprobieren, Muster auszutauschen, zu häkeln, zu weben, zu fädeln, zu nähen, zuzuschauen und Ratschläge zu geben, sind herzlich willkommen.
Oh, Fridofranz ist ganz begeistert, welch wichtige Tür er per Zufall geöffnet hat. Komme, was da WOLLE, der Termin für diese kreativen Tage aller Nadelklappernden steht schon fest: 19. – 23. April 2023.

Noch auf der Treppe stehend bekam Euphelia diese Nachrichten, damit das Adventskalendertürenöffnungsteam noch am selben Abend berichten und einen zauberhaften zweiten Advent wünschen kann.

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Eintrag in das Buddelbuch – Euphelia am 1. Dezember

Euphelia hat schon tagelang überlegt, mit wem sie durch den Adventskalender reisen wird. Allein ist es ihr zu langweilig und auf Conny ist diesbezüglich kein Verlaß. Die ist mit ihren Gedanken überall. Das Hotel ist gut gefüllt und so gern ist sie die moderierende Gastgeberin. Gleichzeitig nähert sich das Jahr seinem Ende. Sie muß rechnen, analysieren und planen, sich mit ihrer Gutshotelfamilie abstimmen, die eine kraftvolle und hochmotivierte Saison absolviert hat, Ziele setzen und alle mit ins Boot nehmen. Doch für die Türen, die 24 Tage zu öffnen sind, hat sich Euphelia einen guten alten Freund an die Seite geholt. Er sitzt schon seit Tagen auf dem Sofa im Salon. Euphelia schätzt seine Adventserfahrungen der letzten Jahre sehr. Auf seinem roten Schal steht Frohes Fest geschrieben. Doch Fridofranz weiß genau, daß es ein Pseudonym für seinen Namen ist. FF hätte auch gereicht.

Euphelia und Fridofranz nehmen ihre Aufgabe als Adventskalendertürenöffnungsteam sehr ernst und diskutierten ausführlich über die Auswahl der Türen, durch die sie führen möchten. Für die erste Tür wählten sie einen richtigen Knüller. Erhaben, groß, erleuchtet, offen, voller Durchblick.

Und direkt dahinter Türen, Türen, Türen. Gestern hat sich Conny gemeinsam mit Mitarbeitern und Gästen einen Überblick verschafft. Heute war mit Liane zusammen das große Öffnen angesagt.

Sooo spannend.

Aus jedem offenen Türchen stieg ihnen eine zärtliche, liebevolle Wärme entgegen und verzauberte den ganzen Salon mit einem Lächeln.

Über alle diese Türen und ihre Geschichten wird zu berichten sein.

Doch heute abend schauen Euphelia und Fridofranz erst einmal Conny über die Schulter, die sich ausführlich mit Edoard und Edelgard beschäftigt, denn morgen ist wieder Mecki-Tag. Euphelia versteht inzwischen den verklärten Blick, wenn Conny ihre Teige knetet. Oft nimmt sie lieber beide Hände statt den Knethaken. Vielleicht liegt es daran, daß sie das Wort nicht mag. Euphelia brabbelt es mehrmals vor sich hin: knethaken, knethaken…echt ein kaltes, hartes Wort. Dabei ist Brotteig kneten etwas Melancholisches, Empathisches, Meditatives. Der Teig bestimmt, wie lange und wie stark er behandelt werden möchte. Die Hände können das rechte Maß erspüren, wenn sie sensibel den Takt aufnehmen. Das kann ein Knethaken nicht. Knethaken. Euphelia erinnert sich daran, wie Conny schwärmte von dem Buch „Der Geschichtenbäcker“ von Carsten Sebastian Henn. Es ist ein Roman wie eine warme Decke, der berührt, inspiriert und nachwirkt.
„Brot backen ist fast wie ein Tanz. Teig wird rhythmisch geknetet, die Drehung der Hände, der Schwung der Hüfte geben ihm Geschmeidigkeit.“ Euphelia und Fridofranz, das Adventskalendertürenöffnungsteam, freuen sich darauf, mit vielen kleinen Geschichten und Anekdoten allen Neugierigen und Sehnsüchtigen ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Genau wie Conny und ihr Team haben sie ihre maßgeschneiderte Aufgabe gefunden. Henn beschreibt es so: „Für manche ist ein Beruf wie ein Goldstück, das mit jeder Berührung ein wenig stumpfer wird. Für andere ist er eine Perle, die mit jeder Berührung mehr glänzt.“

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Eintrag in das Buddelbuch – Euphelia am 19. August

Euphelia wird fast verrückt. Haben denn alle vergessen, daß es hier im Bücherhotel eine Hausschreibfeder gibt? Keiner grüßt sie oder hält ihr die Hand hin oder öffnet ihr gar das Tintenfaß. Conny geht blicklos an ihr vorüber. Es ist zwar schon viel, viel besser geworden, doch ihr rechter Fuß latscht seit Wochen humpelnd neben dem linken daher. Vielleicht muß sie sich einfach auf jeden Schritt konzentrieren. Euphelia erinnert sich, wie Philipp auf Connys 60. Geburtstag am Morgen den Fuß massierte, bis diese ihre Schmerzenstränen nicht mehr verbergen konnte. Seine Zauberhände wußten, was sie tun, denn Conny wollte am Abend unbedingt Walzer tanzen. Um Übergriffe zu verhindern, las ihr Philipp nebenher aus einem Buch vor. Genau, denkt Euphelia, damit begann das Dilemma. „Achtsam morden“ heißt das Buch – und seitdem ruht Conny in sich und Euphelia leider auch. Dieses Zitat steckt seitdem in Connys Brillenetui:

„Wenn Sie vor einer Tür stehen und warten, dann stehen Sie vor einer Tür und warten. Wenn Sie sich mit Ihrer Frau streiten, dann streiten Sie sich mit Ihrer Frau. Das ist Achtsamkeit. Wenn Sie vor einer Tür stehen und sich in Gedanken mit Ihrer Frau streiten, dann ist das nicht Achtsamkeit.“

Auf jeden Fall war der 30. April ein Tag voller Achtsamkeit.

Euphelia sieht ja ein, daß dies für die folgenden Wochen Connys Rettung war. Mitte Mai kündigte das Frühstücksengelchen nach 14 gemeinsamen Jahren aus heiterem Himmel zum 1. Juli und Conny stand voll im Regen. Die Buchungen waren für zehn wundervolle Gutshotelfamilienmitglieder angenommen worden und mußten nun ab Juli von neun Leuten umgesetzt werden. Stundenlang saß Conny am Dienstplan und Belegungsplan, wie ein Konstrukteur am Reißbrett. Gemeinsam haben sie es geschafft. In den Folgemonaten kann auf eine Person im Team weniger bereits reagiert werden. Sie buchen, was geht und allen guttut. Und natürlich wünschten sie auch Engelchen zum Abschied alles Gute auf ihrem weiteren Weg. Es waren schöne gemeinsame Jahre mit dem Frühstücksengelchen.

Im Mai wurde nach so vielen Monaten ohne Gesellschaften wieder eine Tafel dekoriert. Und zum ersten Mal sogar im umgebauten Saal, im neuen Gesellschaftsraum „Otto Reuter“.

Das Fahrrad holte Conny aus der Garage, um sich selbst zu beweisen, daß SIE ihrem Fuß ansagt, was geht und nicht umgekehrt. Ein wunderschöner Nachmittag zeigte ihr, da geht noch was. Auch mit 60 lebt ihr Traum von einer langen alleinigen Radtour durch Deutschland. Wer sie kennt, befürchtet, daß sie eines Tages von der Rezeption aufsteht und für ein paar Wochen verschwunden ist.

Mitte Mai fuhren Conny und Torsten an einem Nachmittag sehr spontan nach Lüneburg. In letzter Minute hatten sie noch zwei Karten ergattert für die Lesung mit John Strelecky. Seit Jahren ist das Buch „Das Café am Rande der Welt“ ihr wichtiger Begleiter. Alle Bücher von Strelecky hat sie gelesen und Torsten davon erzählt. Nun konnte sie in der zweiten Reihe diesem interessanten Autoren hingerissen lauschen und war total begeistert.

Maxi und Oli erlebten in Berlin ein Konzert mit 2Cellos. Diese Musik kannte Conny vorher gar nicht und freut sich über diese neue Richtung.

Schön, daß sie immer wieder lernen darf. Achja, apropos lernen: Conny ist fleißig dabei, kreatives Schreiben zu lernen. Anfang Juni fand ein winziger Schreibkurs mit zwei Teilnehmerinnen statt, um es zu probieren. Nun will Conny unbedingt ihren Abschluß eines Online-Studiums schaffen, um im kommenden Jahr selbst solche Kurse anzubieten. Monatlich arbeitet sie sich durch Übungshefte und schickt Einsendeaufgaben ab. Aber – das muß Euphelia ehrlich petzen: In Verzug ist Conny doch, da wird noch ein Endspurt nötig sein.

Ende Mai umrahmten sie den 70. Geburtstag des Autors und Verlegers Ruprecht Frieling. Prinz Rupi war schon häufig Gast hier im Bücherhotel, doch vor diesem Ereignis war die Gutshotelfamilie voller Ehrfurcht. Es wurden drei herausragende und gesellige Tage. Dies könnt ihr hier nachvollziehen:

Und siehe unbedingt: https://t1p.de/erstes-buchhotel-deutschlands

Bei all dem Trubel konnte Conny immer wieder die Schönheit ihres Parks genießen. Dank der Achtsamkeitsübungen aus „Achtsam morden“ saß sie einfach am großen Ausguck und tat – nichts.

Anfang Juni zeigte Maxi ganz stolz den neuen Entwurf einer Speisekarte. Nach zwei Jahren Entzug reichten Liane und sie an den nächsten Abenden ihren Gästen endlich wieder eine Speisekarte. Es hatte ihnen so gefehlt. Außerdem gestaltete Ingo neue Ideen für Abende, an denen im Sommer gemütlich das Ambiente im Park genossen wird. So entstanden neben den legendären Grillabenden jetzt auch rustikale Brotzeiten, nachdem herrlich duftende Brote aus dem Mecki hungrig machten.

Das Nudelbuffet deLuxe läßt in seiner Vielfalt und Schmackhaftigkeit jeden Erwachsenen zum Kind werden. Unsere Rocke-Wandergruppe brachte die Idee mit, Currywurst mit Pommes und Soßen und Salaten anzubieten. Ein kulinarischer Höhepunkt inzwischen. Vor allem macht die Geselligkeit und die gute Laune an diesen Abenden Lust auf neue solcher Ideen.

Im Juni ist einiges in Eulenhausen passiert. Hinter dem Naschweg wurde nun ein Maronenweg angelegt. Links neben dem Wagon entstand ein Rocky Hill mit drei Feuerahörnern, die speziell aus Hamburg hergebracht wurden.

Mitte Juni erlebte Conny einen zauberhaften und ganz wundersamen Vollmond total allein auf dem Bahnsteig. Dies war der Moment der Sehnsucht nach den so beliebten Vollmond-Veranstaltungen. So sie dürfen, wird es im nächsten Jahr solche Abende wieder geben.

An ein besonderes Lese-Erlebnis erinnert sich Euphelia. Conny sprach tagelang von nichts anderem. Ihr Sohn Charly belegte ein Kehlmann-Seminar. Wahrscheinlich deshalb fiel ihr das Buch in dem Karton sofort auf. „Unter der Sonne“ Erzählungen. Welch interessante Sprache, rote Fäden in den Erzählungen, die ständig um die Ecke dachten, Schlüsse, mit denen sie  nie rechnete. Ein Buch, welches unbedingt ein zweites Mal gelesen werden will.

An dem Wochenende, an dem sonst Mittweihnachten gefeiert wird, teilten sich in diesem Jahr eine Hochzeit und ein Geburtstag das Hotel. Zwei kleine Gesellschaften, deren Gäste dem Bücherhotel schon seit sehr vielen Jahren gute Freunde geworden sind. In diesem Rahmen fand auf dem Bahnsteig am Wagon das erste Klavierkonzert statt. Kaum zu beschreiben, mit welcher Andacht die Stimmung bei untergehender Sonne wahrgenommen wurde. 

Im Juli kamen DIE Kölner. Eine legendäre Busgruppe, die seit Jahren die Herzen der Gutshotelfamilie verzaubert. Sie blieb 11 Tage und keiner davon wurde langweilig. Jeden Tag Ausflüge, jeden Tag neue Dekoration am Abend. Volles Programm von und für Herzensmenschen. Sollte Euphelia irgendwann einmal über die Hintergründe der Hochzeit von Conny und Torsten schreiben dürfen, dann würden DIE Kölner eine wichtige Rolle in dieser Geschichte spielen.

Achja, noch ein wichtiges Ereignis fand im Juli statt. Conny hatte von ihrem Schwiegervater voller Vertrauen seine Hollywoodschaukel geerbt. Jahre dauerte es, bis sie nun endlich repariert und saniert ihren ehrenwerten Platz gefunden hat. Conny ist sehr glücklich darüber. Wenn das nächste Mal Torstens Schwestern kommen, werden sie hier gemeinsam in Erinnerungen schwelgen.

Ansonsten, denkt sich Euphelia gerade, gibt es eigentlich auch gar nicht viel zu berichten. Der Sommer zog eben seine Bahnen. Die Hitze legte das Gehirn lahm. Und doch wurde immer wieder gegossen, gepflanzt, gebacken, geputzt, gekocht,  gelacht und viel erzählt. Conny und Torsten schafften sogar einen kleinen Abstecher auf die HanseSail. Einmal Schiffe gucken und zurück. Daheim erwartete sie ein zauberhafter Vollmond.

Bis heute weilte eine Scootergruppe im Bücherhotel. Euphelia staunt, von woher überall in Deutschland diese Scooter angereist kamen. Eine geführte Reisegruppe, die in den letzten Tagen dieses wunderschönste aller Bundesländer lieben lernte.

Nachdem diese heute abreisten, gab es einen Hausputz auf Hochtouren, denn am Abend reisen Radler aus vielen verschiedenen Ländern an. Neues Spiel, neues Glück – und immer wieder Torsten am Grill.

Jetzt lehnt sich Euphelia wohlig zurück. Eigentlich hat sie Conny überlistet. Euphelia hatte sich einfach eine Hand geborgt. Von wem? Wer weiß das schon…

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Eintrag in das Buddelbuch – Euphelia am 21. April

Euphelia möchte sich konzentrieren. Sie hat sich in Connys Frauenzimmer zurückgezogen, denn dazu ist es ja da.

Das Fenster hat sie geöffnet. Doch schon lenkt sie das Durcheinander der frühlingshaften Stimmen draußen ab. Dazu der einzigartige Komplex der unterschiedlichsten Gerüche dieser Jahreszeit. Und dieser Ausblick: Sie bemerkt erst jetzt so ganz deutlich, wie plötzlich sich bereits die zarten grünen Blätter der Kastanien vom lauen Wind wiegen lassen. Eben waren es noch Knospen. Euphelia hat den Plopp wieder mal nicht gehört. Im letzten Jahr hatte sie es sich fest vorgenommen: Sie wollte unbedingt eine Knospe ploppen hören und das frische Grün wachsen sehen. Da waren sie sogar noch alleine auf dem Hof. Trotzdem hat die Kastanie ihre Arbeit still und heimlich verrichtet. Wenn sie auf den Fliederbusch schaut, so hat sie das Gefühl, sie kann die Blüten bereits riechen, so zart das Lila an den Spitzen. Der Chor in den Bäumen wird jeden Tag größer und übertönt das gleichförmige Gurren der Tauben. Euphelia ist glücklich über ihre Insel.

So gern möchte sie viel mehr über das Leben und Treiben hier schreiben. Doch ihr Platz ist der Schreibtisch „Zwischen den Zeilen“. Ihr Takt wird vorgegeben vom Klappen der Tür am Eingang – rein und raus. Und zum Glück ist dies seit Wochen kein langsamer Walzer mehr, sondern immer häufiger eine fröhliche Samba. Wenn Euphelia sich das erste Wort für gestern oder vorgestern überlegt hat, dann ist der neue Satz von heute schon wieder so lebendig, daß er sie ganz und gar beschäftigt. Dabei sind sie hier im Haus irgendwie ständig so vielfältig beschäftigt, denkt Euphelia, daß sie eigentlich immer wieder staunt, wie diese Gutshotelfamilie mit 24 Stunden am Tag auskommt.

Endlich möchte sie jedoch heute Danke sagen an alle, die so lieb der Gutshotelfamilie zu Ostern gute Wünsche überbrachten. Danke für dieses Wohlwollen, für das Interesse an diesem Ort und danke, daß Ihr allen Mitarbeitern so den Rücken stärkt und dem Bücherhotel treu seid. Das gibt sooooo viel Kraft!!!!


Gerade heute ist junges Leben und Denken und Diskutieren im Gesellschaftszimmer zu vernehmen. Vor einer Woche noch eingeräumt für Spiele, Lesemomente und Tischtennis, heute für eine Tagung. Ostern ist kaum vorüber, nun sind die Zimmer wieder neu belegt. Es waren herrliche Feiertage. Conny war sehr aufgeregt vorher. Zwei Jahre war Ostern in einem leeren Haus einfach so vorüber gegangen. Als im letzten Jahr Conny mit einem einzigen DekoHasen in der Hand erschien, antwortete Torsten ihr „Aber das reicht dann auch.“ Ja, in der Tat liebt Conny die Weihnachtswelt weit mehr als die aufgehängten Hasen und bunten Eier. Doch in diesem Jahr, so hatte Euphelia den Eindruck, wollten alle hier im Haus ein wenig nachholen. Pia begann mit dem Osterrausch, dem sich in den Tagen vor dem Fest dann niemand mehr entziehen konnte. Sie waren wirklich selbst überrascht, was die Kisten so alles hergaben. Auch der Karton, den Esther ihnen geschickt hatte, wurde geleert und erfreut einbezogen. Es gab früher, als die Kinder klein waren, wohl kein Jahr, in dem Eier draußen in die Bäume gehängt wurden. In diesem Jahr war es ein Großaufgebot.


Maxi hatte Plan und Listen für die Feiertage geschrieben, Kerstin und Pia hatten die Zimmer voller Liebe vorbereitet. Die Tage selbst verbrachten alle Gäste mehr draußen als drinnen. Am Sonnabend knisterte das Osterfeuer pünktlich zum Vollmond.

Mundharmonika wurde gespielt und das Beisammensein fröhlich genossen. Der Mecki freute sich schon am Tage über viel Begeisterung. Torsten als Ofenmeister zauberte Brote hervor, die unten nicht schwarz waren und oben eine knackende Kruste aufwiesen. Keines der Brote lernte das Gewölbe oder die Küche kennen. Sie hatten ein kurzes und erfülltes Leben. Als Engelchen die leeren Bretter entdeckte, die in die Küche getragen wurden, kam der verzweifelte Ausruf „Oh, ich muß neu backen!“ Ingo und seine Mädels in der Küche hatten sich tolle Überraschungen ausgedacht. Sie kochten im Mecki, backten Kekse darin und übertrafen sich bei ihrem köstlichen Ostermenü wieder einmal selbst. Liane und Maxi erfreuten die Gäste immer wieder mit farbenfrohen Dekorationen auf den Tischen im Gewölbe. Der Osterhase trieb am Sonntag so manch einen Gast in die Verzweiflung oder in den Lachkrampf, denn die Verstecke waren viel zu gut. Frische Waffeln, draußen gebacken, ausreichend Sekt und immer wieder Eierlikör beruhigten die Gemüter.

Achja, ein neues Familienmitglied wurde an Ostern begrüßt und mit großem Applaus eingeführt. Nach Sir Henry, einem zauberhaften Alleskönner von Rational in der Küche im Frühjahr, nach Mecki, dem Merklinger HolzbackGrillRäucherofen im Oktober, zog nun die zauberhafte und anmutige „Salzburger Getreidemühle“ ein. Erster Weizen wurde gemahlen, befühlt und verbacken.

Ein Name für die Mühle wird noch diskutiert. Edoard und Edelgard freuen sich über diese neue Bekanntschaft ebenfalls und hoffen auf diverse schmackhafte und vollkörnige Fütterungen. Das Getreide zu beschaffen für diese eigene Mühle ist schwerer, als Conny sich das dachte. Sie liebt scheinbar die Herausforderung, sonst hätte sie sich vor der Mühle um das Getreide gekümmert.
Natürlich waren sie alle am letzten Wochenende viel und lange in Eulenhausen. Doch darüber wird Euphelia in den nächsten Tagen berichten. Ihr dürft gespannt sein.

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Eintrag in das Buddelbuch – Euphelia am 14. Februar

Euphelia zieht so tief den Duft ein, daß sie beinahe ein ganzes Stück größer wird. Noch immer sind alle aufgeregt, wenn ein Brot seinen frischen Geruch durch das Haus verströmt. Inzwischen backen Engelchen, Liane und Conny jede ihre AllerliebstBrote. Conny hat jetzt oft am Abend ihren Freund Edoard an ihrer Seite, damit er vor der Nachtgare genug Wärme bekommt. Torsten hat sich mit Edoard arrangiert. Dabei begann diese Liebe zum Brot und vor allem zum eigenen Backen des Brotes ganz simpel vor drei Jahren bei einer Reise gemeinsam mit Connys Eltern.

Connys Eltern sind keine Außerhausfrühstücksesser. Sie sind in dieser Beziehung sehr konservativ, was ihnen mit über 80 gelebten Jahren auch zusteht. Doch auf einer gemeinsamen Reise zu ihrem Enkel Charly nach Heidelberg vor drei Jahren sprangen sie regelrecht über ihren Schatten, mehrfach sogar. Einmal blieb Conny lebhaft in Erinnerung.

Sie hatten für eine Zwischenübernachtung ein Apartment in Weimar gemietet – ohne Frühstück. Also begaben Sie sich am Morgen auf die Suche nach frischen Brötchen. Ihre Eltern erklärten fest, mitkommen zu wollen. In einer kleinen Straße, das Wetter war schön, die Sonne beschien genau diese Straßenseite, saßen junge Menschen, Studierende, Männer mit Maurersachen und Mütter mit ihren Babywagen auf dem Fenstersims und auf kleinen Stühlen an kleinen Bistrotischen. Es wuselte und von weitem fragten sie sich, welche Besonderheit diese ganzen verschiedenen Menschen an diesen Ort zieht? Mit jedem Schritt gab ihnen ein intensiver werdender Geruch die Antwort. Noch nie hatte Conny so bewußt den Duft nach frischem, warmem Brot vernommen. Sie wollte auf der Stelle stehenbleiben. Sie wollte unbedingt dieses erste Mal festhalten, nicht dichter kommen, vielleicht diese einmalige Begegnung mit diesem zauberhaften Duft noch ein wenig bewußt erhalten. Conny hatte keinen Blick mehr für ihre Familie, obwohl sie zu fünft unterwegs waren. Sie ließ sich in diesem Zauberduft nach Harmonie, nach Urvertrauen einfach mitreißen. Mit einem langen Atemzug, als ob sie für immer alle Sensoren in der Nase, alle Härchen mit diesem Empfinden verankern könnte, trat sie wie magisch angezogen durch die Dufttür. Sie befand sich in einem winzigen Brotbistro. Um sie herum wurde geredet und geschubst. Sie merkte nichts. Conny roch mit großen Nasenflügeln, bis sie voller Luft schon auf den Zehenspitzen stand. Nun sah sie verschiedene Backöfen, sah das Feuer in einem Steinbackofen ganz hinten in der Ecke, spürte die Wärme wie eine Decke um sich herum. Bald schon konnte sie den Geruch selektieren zwischen den verschiedenen Brotsorten, roch das schwere dunkle Brot, merkte den Unterschied zum hellen langen vornehmen Brot. Doch sie hatte keine Ahnung, was sie roch. Conny war berauscht in der Nase. Plötzlich erinnerte sie sich, daß sie gar nicht alleine hier war. Sie schaute sich suchend nach ihren Eltern um, die sie noch auf der Straße vermutete. Die beiden standen, ebenfalls der Welt entrückt, direkt hinter ihr. Nie wird Conny dieses Lächeln auf ihren Gesichtern vergessen, dieses verzückte Schnuppern, diese Erwartung, endlich in die erste Stulle eines frischen Brotes hinein zu beißen, es fluffig in der Hand und am Gaumen zu spüren. Nur Minuten später saßen Conny und ihre Familie in einer Ecke auf dem Fenstersims und auf kleinen Stühlen an einem kleinen Bistrotisch mit einem Pott Kaffee für jeden und einer deftigen Scheibe frischen Brotes. Dieser Moment war ausschlaggebend, gemeinsam mit ihrer Mama einen Sauerteig anzusetzen, der bis heute lebt und Edoard heißt. Bei jedem frischen Brot aus dem eigenen Ofen lächelt Conny – auch in Erinnerung an dieses zauberhafte Frühstück mit ihren Eltern, an diese wundervolle gemeinsame Reise und vor allem wegen der Liebe zu ihrer Familie. Sie nimmt jedes Mal mit der Nase ganz dicht am noch warmen Brot einen tiefen Atemzug und fühlt sich geerdet und angekommen.