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Eintrag in das Buddelbuch – Euphelia am 19. August

Euphelia wird fast verrückt. Haben denn alle vergessen, daß es hier im Bücherhotel eine Hausschreibfeder gibt? Keiner grüßt sie oder hält ihr die Hand hin oder öffnet ihr gar das Tintenfaß. Conny geht blicklos an ihr vorüber. Es ist zwar schon viel, viel besser geworden, doch ihr rechter Fuß latscht seit Wochen humpelnd neben dem linken daher. Vielleicht muß sie sich einfach auf jeden Schritt konzentrieren. Euphelia erinnert sich, wie Philipp auf Connys 60. Geburtstag am Morgen den Fuß massierte, bis diese ihre Schmerzenstränen nicht mehr verbergen konnte. Seine Zauberhände wußten, was sie tun, denn Conny wollte am Abend unbedingt Walzer tanzen. Um Übergriffe zu verhindern, las ihr Philipp nebenher aus einem Buch vor. Genau, denkt Euphelia, damit begann das Dilemma. „Achtsam morden“ heißt das Buch – und seitdem ruht Conny in sich und Euphelia leider auch. Dieses Zitat steckt seitdem in Connys Brillenetui:

„Wenn Sie vor einer Tür stehen und warten, dann stehen Sie vor einer Tür und warten. Wenn Sie sich mit Ihrer Frau streiten, dann streiten Sie sich mit Ihrer Frau. Das ist Achtsamkeit. Wenn Sie vor einer Tür stehen und sich in Gedanken mit Ihrer Frau streiten, dann ist das nicht Achtsamkeit.“

Auf jeden Fall war der 30. April ein Tag voller Achtsamkeit.

Euphelia sieht ja ein, daß dies für die folgenden Wochen Connys Rettung war. Mitte Mai kündigte das Frühstücksengelchen nach 14 gemeinsamen Jahren aus heiterem Himmel zum 1. Juli und Conny stand voll im Regen. Die Buchungen waren für zehn wundervolle Gutshotelfamilienmitglieder angenommen worden und mußten nun ab Juli von neun Leuten umgesetzt werden. Stundenlang saß Conny am Dienstplan und Belegungsplan, wie ein Konstrukteur am Reißbrett. Gemeinsam haben sie es geschafft. In den Folgemonaten kann auf eine Person im Team weniger bereits reagiert werden. Sie buchen, was geht und allen guttut. Und natürlich wünschten sie auch Engelchen zum Abschied alles Gute auf ihrem weiteren Weg. Es waren schöne gemeinsame Jahre mit dem Frühstücksengelchen.

Im Mai wurde nach so vielen Monaten ohne Gesellschaften wieder eine Tafel dekoriert. Und zum ersten Mal sogar im umgebauten Saal, im neuen Gesellschaftsraum „Otto Reuter“.

Das Fahrrad holte Conny aus der Garage, um sich selbst zu beweisen, daß SIE ihrem Fuß ansagt, was geht und nicht umgekehrt. Ein wunderschöner Nachmittag zeigte ihr, da geht noch was. Auch mit 60 lebt ihr Traum von einer langen alleinigen Radtour durch Deutschland. Wer sie kennt, befürchtet, daß sie eines Tages von der Rezeption aufsteht und für ein paar Wochen verschwunden ist.

Mitte Mai fuhren Conny und Torsten an einem Nachmittag sehr spontan nach Lüneburg. In letzter Minute hatten sie noch zwei Karten ergattert für die Lesung mit John Strelecky. Seit Jahren ist das Buch „Das Café am Rande der Welt“ ihr wichtiger Begleiter. Alle Bücher von Strelecky hat sie gelesen und Torsten davon erzählt. Nun konnte sie in der zweiten Reihe diesem interessanten Autoren hingerissen lauschen und war total begeistert.

Maxi und Oli erlebten in Berlin ein Konzert mit 2Cellos. Diese Musik kannte Conny vorher gar nicht und freut sich über diese neue Richtung.

Schön, daß sie immer wieder lernen darf. Achja, apropos lernen: Conny ist fleißig dabei, kreatives Schreiben zu lernen. Anfang Juni fand ein winziger Schreibkurs mit zwei Teilnehmerinnen statt, um es zu probieren. Nun will Conny unbedingt ihren Abschluß eines Online-Studiums schaffen, um im kommenden Jahr selbst solche Kurse anzubieten. Monatlich arbeitet sie sich durch Übungshefte und schickt Einsendeaufgaben ab. Aber – das muß Euphelia ehrlich petzen: In Verzug ist Conny doch, da wird noch ein Endspurt nötig sein.

Ende Mai umrahmten sie den 70. Geburtstag des Autors und Verlegers Ruprecht Frieling. Prinz Rupi war schon häufig Gast hier im Bücherhotel, doch vor diesem Ereignis war die Gutshotelfamilie voller Ehrfurcht. Es wurden drei herausragende und gesellige Tage. Dies könnt ihr hier nachvollziehen:

Und siehe unbedingt: https://t1p.de/erstes-buchhotel-deutschlands

Bei all dem Trubel konnte Conny immer wieder die Schönheit ihres Parks genießen. Dank der Achtsamkeitsübungen aus „Achtsam morden“ saß sie einfach am großen Ausguck und tat – nichts.

Anfang Juni zeigte Maxi ganz stolz den neuen Entwurf einer Speisekarte. Nach zwei Jahren Entzug reichten Liane und sie an den nächsten Abenden ihren Gästen endlich wieder eine Speisekarte. Es hatte ihnen so gefehlt. Außerdem gestaltete Ingo neue Ideen für Abende, an denen im Sommer gemütlich das Ambiente im Park genossen wird. So entstanden neben den legendären Grillabenden jetzt auch rustikale Brotzeiten, nachdem herrlich duftende Brote aus dem Mecki hungrig machten.

Das Nudelbuffet deLuxe läßt in seiner Vielfalt und Schmackhaftigkeit jeden Erwachsenen zum Kind werden. Unsere Rocke-Wandergruppe brachte die Idee mit, Currywurst mit Pommes und Soßen und Salaten anzubieten. Ein kulinarischer Höhepunkt inzwischen. Vor allem macht die Geselligkeit und die gute Laune an diesen Abenden Lust auf neue solcher Ideen.

Im Juni ist einiges in Eulenhausen passiert. Hinter dem Naschweg wurde nun ein Maronenweg angelegt. Links neben dem Wagon entstand ein Rocky Hill mit drei Feuerahörnern, die speziell aus Hamburg hergebracht wurden.

Mitte Juni erlebte Conny einen zauberhaften und ganz wundersamen Vollmond total allein auf dem Bahnsteig. Dies war der Moment der Sehnsucht nach den so beliebten Vollmond-Veranstaltungen. So sie dürfen, wird es im nächsten Jahr solche Abende wieder geben.

An ein besonderes Lese-Erlebnis erinnert sich Euphelia. Conny sprach tagelang von nichts anderem. Ihr Sohn Charly belegte ein Kehlmann-Seminar. Wahrscheinlich deshalb fiel ihr das Buch in dem Karton sofort auf. „Unter der Sonne“ Erzählungen. Welch interessante Sprache, rote Fäden in den Erzählungen, die ständig um die Ecke dachten, Schlüsse, mit denen sie  nie rechnete. Ein Buch, welches unbedingt ein zweites Mal gelesen werden will.

An dem Wochenende, an dem sonst Mittweihnachten gefeiert wird, teilten sich in diesem Jahr eine Hochzeit und ein Geburtstag das Hotel. Zwei kleine Gesellschaften, deren Gäste dem Bücherhotel schon seit sehr vielen Jahren gute Freunde geworden sind. In diesem Rahmen fand auf dem Bahnsteig am Wagon das erste Klavierkonzert statt. Kaum zu beschreiben, mit welcher Andacht die Stimmung bei untergehender Sonne wahrgenommen wurde. 

Im Juli kamen DIE Kölner. Eine legendäre Busgruppe, die seit Jahren die Herzen der Gutshotelfamilie verzaubert. Sie blieb 11 Tage und keiner davon wurde langweilig. Jeden Tag Ausflüge, jeden Tag neue Dekoration am Abend. Volles Programm von und für Herzensmenschen. Sollte Euphelia irgendwann einmal über die Hintergründe der Hochzeit von Conny und Torsten schreiben dürfen, dann würden DIE Kölner eine wichtige Rolle in dieser Geschichte spielen.

Achja, noch ein wichtiges Ereignis fand im Juli statt. Conny hatte von ihrem Schwiegervater voller Vertrauen seine Hollywoodschaukel geerbt. Jahre dauerte es, bis sie nun endlich repariert und saniert ihren ehrenwerten Platz gefunden hat. Conny ist sehr glücklich darüber. Wenn das nächste Mal Torstens Schwestern kommen, werden sie hier gemeinsam in Erinnerungen schwelgen.

Ansonsten, denkt sich Euphelia gerade, gibt es eigentlich auch gar nicht viel zu berichten. Der Sommer zog eben seine Bahnen. Die Hitze legte das Gehirn lahm. Und doch wurde immer wieder gegossen, gepflanzt, gebacken, geputzt, gekocht,  gelacht und viel erzählt. Conny und Torsten schafften sogar einen kleinen Abstecher auf die HanseSail. Einmal Schiffe gucken und zurück. Daheim erwartete sie ein zauberhafter Vollmond.

Bis heute weilte eine Scootergruppe im Bücherhotel. Euphelia staunt, von woher überall in Deutschland diese Scooter angereist kamen. Eine geführte Reisegruppe, die in den letzten Tagen dieses wunderschönste aller Bundesländer lieben lernte.

Nachdem diese heute abreisten, gab es einen Hausputz auf Hochtouren, denn am Abend reisen Radler aus vielen verschiedenen Ländern an. Neues Spiel, neues Glück – und immer wieder Torsten am Grill.

Jetzt lehnt sich Euphelia wohlig zurück. Eigentlich hat sie Conny überlistet. Euphelia hatte sich einfach eine Hand geborgt. Von wem? Wer weiß das schon…

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Eintrag in das Buddelbuch- Euphelia am 23. November

Euphelia!!!! Eupheeeelia!!!!!!!! Eupheeeeliiiiiiiiaaaaaa!!!!

Das ist schon nicht mehr lustig. Seit Wochen, ja seit Monaten schweigt die Hausschreibfeder. Erst fehlten ihr die Themen, später die Sätze, zum Schluß die Worte – dann verschwand sie ganz. Lange stand sie auf dem Schreibtisch Zwischen den Zeilen – immer mit dem Blick auf die Haustür, in der sich im Juni der Schlüssel gedreht hatte und den sie keinen Tag aus dem Auge ließ. Sie war glücklich, denn Menschen kamen und gingen. Das ganz normale, verrückte Spiel hatte endlich wieder Fahrt aufgenommen, so, wie es alle kannten.

Hurra! und Wir sind wieder da! und Da sind wir endlich! und Schön, Euch zu sehen! und strahlendes Lächeln, lautes Lachen, Freude schöner Götterfunken – beim Ankommen.

Schon vorbei. und Wir kommen bald wieder. und Ach, das Inselleben war sooo schön. und Ich will nicht weg. und Bleibt gesund und Paßt auf Euch auf!  und ein Tränchen, Verabschiedung über Stunden, ein trauriges Schmollen – beim Weggehen.

Die Gutshotelfamilie war in ihrem Element: Verwöhnen, Wünsche erfüllen, neue Wünsche erfinden, um diese zu erfüllen, das Draußen draußen lassen. Jeder strahlte in seinem Bereich und an seinem Platz. Fast das ganze Leben spielte sich draußen im Gutspark ab. Frühstücken, Abendessen, Grillen, Lagerfeuer, Waffeln backen, lesen, quatschen, Cocktails schlürfen, Brot backen, Kastanien sammeln, Laub harken, Akkordeon lauschen, stricken, spielen.

Man konnte den Eindruck haben, dies sei ein Gesellschaftshaus, von „Hotel“ spürte man eher weniger. Es wurde Abstand gehalten, Rücksicht genommen und Respekt gezollt. Euphelia hätte jeden Tag darüber berichten wollen.  

Doch da stand ihr geliebter Freund Faust neben ihr auf dem Schreibtisch, den sie seit so langer Zeit vermißt hatte. Ganz kurz nur hatte sie ihn kennengelernt. Er lag neben den prachtvollen Fotobüchern in der Glasvitrine, hatte ihr den Weg in die Freiheit gewiesen, nachdem sie in ihrer Schachtel aufgewacht war. Sie hatte sich am Spalt der Scheibe kurz umgeschaut, seinen Blick gespürt und beide hatten sich sofort ineinander verliebt. Jedoch gingen sie unterschiedliche Wege. Faust reiste von Kiste zu Kiste international und Euphelia von Schreibtisch zu Schreibtisch auf der ganz kurzen Strecke.  

Zunächst wurde nun also fröhlich Wiedersehen gefeiert. Sie erzählte Faust von der langen, stillen, einsamen Zeit im Haus. Faust selbst war inzwischen viel herum gekommen. Mit Aladin gemeinsam in der Kiste flog er in den Orient, kam dann zum Zauberer von Oz. Mit dem zusammen wurde er auf Händen wieder zurück in das Haus getragen, denn es war überall das Interesse der Gutshotelfamilie an der Smaragdenstadt bekannt. Und so wollte es der Zufall, daß der kleine Prinz, der gerade zur selbigen Zeit auf dem gelben Steinweg wandelte, neben Faust gelegt wurde und sie zu zweit bei Euphelia ihren Platz auf dem Schreibtisch bekamen. Jetzt gab es kein Halten mehr. Sie sprudelten über, erzählten alle drei um die Wette ihre Geschichten. Beinahe hätte das 1002 Nächte gedauert. Doch plötzlich, mitten im Satz, wurde aufgeräumt. Räumen und Putzen – legendär im Gutshotel und sowieso Zwischen den Zeilen. Schon landete Faust wieder in einer Kiste. In letzter Minute gelang es dem kleinen Prinzen, Euphelias Bitte zu erfüllen. Er schubste sie zwischen die Seiten und so konnten Faust und Euphelia beisammen bleiben. Zunächst merkte es niemand. Euphelia hatte sowieso seit Tagen in der Öffentlichkeit geschwiegen, nur mit den beiden Dauerhelden erzählt. Sozusagen Sommerurlaub der Hausschreibfeder.

Doch eines Tages wisperte die Frage durch das ganze Haus: Wo ist Euphelia? Habt Ihr Euphelia gesehen?

Niemand hatte sie gesehen. Alles Suchen auf den Schreibtischen und in den Schubladen half nichts. Der kleine Prinz, der immer so lange fragte, bis er eine Antwort bekam, war als Gefragter sehr viel stiller. Er verriet nichts. Langsam wurde man unruhig. Ute bohrte schon intensiver nach. Habt Ihr Euch auch mal gekümmert? Wie geht es Euphelia?

Der kleine Prinz schämte sich ein wenig, daß er beim Suchen nicht half. Wenigstens die Richtung hätte er gern verraten. Aber Ehrenwort war Ehrenwort. Unter Prinzen – da hätte er vielleicht reden können. Unter Prinzen: AAAHA! Ja, das war es. Seit einigen Tagen hatte er schon immer mal wieder das Gerücht gehört, daß ein Prinz im Hause weilt. Noch hatte er ihn nicht gesehen. Ein Prinz im Gutshotel? Einer, der aufrecht sitzt und schreibt? Nicht einer, der liegt, geblättert und gelesen wird? Wenn das wahr wäre, könnte der kleine Prinz vielleicht einen Wink geben, damit Euphelia ihren Urlaub mit Faust beendet und zum Advent wieder ihren Dienst als Hausschreibfeder antritt. Und tatsächlich, genau am Schreibtisch Zwischen den Zeilen, genau da wo der kleine Prinz Euphelia zu ihrem Liebesglück verholfen hatte, nahm er Platz, der Bücherprinz.

Der Bücherprinz schlug das große, alte, ehrwürdige, hölzerne Buch auf und suchte nach einer Schreibfeder. Keine da. Urlaub. Der kleine Prinz wußte nicht, wie er anfangen sollte. Doch Bücherprinzen verstehen zum Glück die Lettersprache. Als der kleine Prinz sich räusperte und den Bücherprinzen bat, ihm eine Feder zu malen, malte dieser eine Schachtel. Da errötete der kleine Prinz und flüsterte ganz leise: Entschuldige, diese Schachtel ist leer, denn die Feder fiel in eine Kiste. Sie reiste mit Faust gemeinsam. Der Bücherprinz, der ja die Lettersprache versteht, hob die Augenbrauen, dachte kurz nach, lächelte und dankte erhaben – so von Prinz zu Prinz. Die Richtung war klar. Die Suche konnte beginnen, ein starker Trupp war schnell gefunden:

Elke hatte intellektuelle Unterstützung gebracht – Alma. Alma sollte mit ihren Kenntnissen in allen Wissenschaften den Weg zu Euphelia und Faust analysieren. Sie hatte eine umfangreiche Ausbildung an der Uni Rostock bestens abgeschlossen. Doch bei dieser Aufgabe kam selbst Alma ins Schwimmen. Von Sandra eilte Verstärkung herbei – Oskar mit Eula. Oskar hatte sich eine neue Familie gewünscht und war der Gutshotelfamilie in Liebe verfallen. Eula würde auch im Dunkeln zwischen den Kisten und Regalen gut sehen. Die drei waren ein starkes Team. 

Gemeinsam brachen sie auf, durchwanderten das Gerümpelland und kamen an im Bücherparadies – ein langer, halbdunkler Weg voller Kisten und Regale. Wo sollten sie anfangen zu suchen?

Euphelia!!!! Eupheeeelia!!!!!!!! Eupheeeeliiiiiiiiaaaaaa!!!!

Doch halt, still, ganz still! Da höre sich das doch einer an.

Haben die sich denn immer noch nicht alles erzählt? Sie kichern und wispern und reden und reden – und die Kiste offen und ganz in der Nähe. Alle traten heran. Euphelia und Faust unterbrachen überrascht ihr Gespräch. Ein von Liebe erfülltes Lächeln lag auf Euphelias Federmündchen. Sie sah aus, als wenn sie fast wüßte, was die Welt im Innersten zusammenhält. Sie schaute den abenteuerlichen Suchtrupp an, einen nach dem anderen, fragte schlicht nach der Uhrzeit, streichelte die angekokelte Ecke ihres Freundes und sagte: Gehen wir an die Bar? Ich habe Durst.“

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Eintrag in das Buddelbuch – Euphelia am 15. Juni

Euphelia ist gerührt, erstaunt, begeistert. Nun kehrt bereits am zweiten Abend der neuen Zeitrechnung Ruhe ein im Park und im Haus. Was für ein Tag – DER Schlüsseltag gestern. Mit 23 Gästen startete die Gutshotelfamilie in die neue Zeit. Zauberhafte Helfer hatten am Wochenende bereits Hand angelegt, damit auch die restlichen Arbeiten in der BuchBar, im Park und in Eulenhausen fertig wurden. Da wurde die rustikale Sitzgruppe an der Buchenhecke komplett geschliffen, neu zusammen gebaut und gestrichen. In der Buchbar wurden die letzten Waren eingeräumt und Preisschilder kreativ entworfen. In Eulenhausen ist die Telefonzelle nun komplettiert mit Bücherregal und Münzfernsprecher für Selbstgespräche. Heu wurde im Park geharkt und die uralte Sense im Takt zum Freischneider geschwungen. Noch am Vormittag des Schlüsseltages war Conny im Park unterwegs.

Euphelia schüttelte das ganze Federkleid. Wie will die denn wohl um 14 Uhr die Tür aufschließen. Schade, daß Conny anschließend wirklich lange duschen mußte, um wieder ein nichtniesender Mensch zu sein. So verpaßte sie die Möllis, die mit einem ganzen Schloß ihre Aufwartung machten.

Blumen wurden per Floristen geschickt und sooo viele beste Wünsche und liebe Grüße erreichten Conny und die Gutshotelfamilie per Mail und WhatsApp. Ein wahnsinniges Gefühl von Verbundenheit überkam Conny und immer wieder endete es in einer Flut von Tränen. So langsam, ganz langsam kommt die Gewißheit an. Sie haben es wirklich überstanden. Wenn Liane zu Conny kommt und mit einem Zwinkern gestern flüstert: „Ich bringe jetzt die ersten Teller raus!“ Wenn Maxi von draußen kommt: “ Du, da sitzen Menschen im Park. Es wird gelacht.“ Wenn Engelchen sich freut: „Conny, ich kann es noch, sie haben mein Frühstück gelobt.“ Euphelia kommt aus diesem Lächeln gar nicht mehr raus. Das ist also der Stoff, der gute Laune macht. Vielleicht sind es noch einige Tage, mehr bestimmt nicht, dann hat sie alle der Alltag wieder eingeholt. Doch, eines ist ganz sicher: Dieses große Gefühl von Stolz, von Vertrauen, von Liebe zu diesem Ort wird sie tragen. Unvergesslich. Unumstößlich. Und an diesem großen Gefühl dürfen alle Gäste teilhaben. Dies ist eine Begründung dafür, was diesen Ort, diesen Urlaub so magisch macht, was ihn zur Sehnsucht wachsen läßt, wenn man ihn zwischendurch verläßt. Die meisten kommen wieder. Einige, so wie Conny, Torsten und Maxi und ihre Gutshotelfamilie bleiben und passen auf und werden weiter Geschichte schreiben, gemeinsam mit ihren Gästen hinter geöffneten Türen.

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Eintrag in das Buddelbuch – Euphelia am 13. Juni

Euphelia muß nur noch einmal schlafen. Dann wird sie von ihrem Schreibtisch aus den Blick direkt auf die Tür heften und ….

Wenn diese Stühle morgen gegen Mittag ordentlich an ihrem Platz stehen, werden diese Tische dekoriert sein, die Tür aufgeschlossen sein und nach und nach Menschen hinein kommen. Die Menschen (sie nennen sich Hotelgäste) werden fröhlich und glücklich lachen. Conny wird fröhlich und glücklich weinen. Es ist soweit.

Heute war der Feinschliff draußen angesagt und Torsten in seinem Element. Möbel raus aus dem Winterlager. Wie von Zauberhand verändert sich der Blick in den Park innerhalb kürzester Zeit. Alle Eingänge wurden überprüft, CHECK!

Für Biene blieb heute die letzte große Aufgabe, den Matti zu putzen. Matti – das ist unser MitArbeiterTratschTempel-i.

Wenn Biene anpackt, dann geht es auch richtig zur Sache. Als sie ihren Plan für heute erfuhr, kam nach einem winzigen Überlegen: in Ordnung, ich brauche Schraubenzieher, Schrubber und Teppichklopfer. Und zack, da war die Bude auch schon leer. Manchmal bewundert Conny die Schnelligkeit, mit der Biene den Schalter umlegen kann. Biene, heute nicht backen, heute kochen, Koch ist krank. Wieviel Zeit habe ich? Wieviele Gäste? Ärmel hochkrempeln, einen Augenaufschlag lang überlegen, Blick ins Kühlhaus – na gut, dann laßt uns diese Party feiern. Ja, feiern, feiern kann Biene auch. Da bleibt kein Auge trocken und niemand braucht ein Hörgerät. Und auch sonst sagt sie an, wann immer ihr etwas nicht paßt. Direkt. Manchmal gewöhnungsbedürftig. Doch meist lernen sie hier bei solchen Gesprächen beidseitig voneinander. Das macht dieses besondere kreative Klima aus. Die Buchtorte – fast jeder kennt sie – ist Bienes Kreation. Eigentlich muß bei Bienes Temperament alles unkaputtbar sein. Doch wenn sie auf ihren Torten dekoriert, dann werden die Zuckerperlen zahm. Dann läßt sie selbst nur Perfektion durch die Gütekontrolle. Seit mehr als 16 Jahren bäckt, kocht, putzt und lacht Biene nun schon hier in der Gutshotelfamilie. Viele Köche hat sie kommen und gehen sehen. Köche sind Wandervögel, sagt Biene. Was sie hier hält sooo lange? Biene überlegt kurz, dann antwortet sie ganz ausführlich norddeutsch: ist cool hier.

Ab morgen, freut sich Euphelia, werdet ihr sie alle in echt wieder erleben. Sie sind noch enger zusammen gewachsen, als jemals zuvor. Diese zehnköpfige Gutshotelfamilie freut sich riesig auf diesen Sommer. Sie gestalten ihn wie im letzten Jahr klein und fein, mit voller Hingabe und Leidenschaft. Heute Abend wurde frischer, feinster, köstlicher Rhabarber von Silke aus Rostock gebracht. Dazu bekam Conny drei Tomatenpflanzen. Sie tauschte dagegen drei Kürbispflanzen. Das Leben kann so einfach, schön und unkompliziert sein. Morgen gibt es Rhabarberkuchen. Morgen, wenn die Tür offen ist und viele Fenster im Haus ebenfalls, wenn Stimmen zu hören sein werden, Bücher durchs Haus getragen werden, Aperol geschlürft wird. Morgen.

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Eintrag in das Buddelbuch – Euphelia am 3. Juni

Euphelia streift durch das Gewölbe. Zwei Tage hintereinander hat sie hier jetzt das Spektakel von Wischlappen, Staubsauger und Wedel beobachtet. Raum für Raum, Ecke für Ecke, Fenster für Fenster gingen sie vor. Ein eingespieltes Team.

Conny wandelt durch den langen Gang, streichelt hier und da einen Backstein, sie duzt jeden. Doch nur kurz hängt sie heute in den Erinnerungen.

Sie setzt sich an den blank polierten großen ovalen Tisch im Raum Sevilla, schaut hinaus auf die magischen, riesenhaften Kastanien im Park und die Stirnfalte deutet auf höchste Konzentration. „Habe ich an alles gedacht? Gibt es eine Lücke im Plan? Werden wir rechtzeitig fertig?“ Ihren Handwerkern ist sie so sehr dankbar. Sie haben zügig und mit bester Qualität abgeliefert und einen sauberen Arbeitsplatz hinterlassen. Conny gähnt, streckt sich einmal krachend durch und stellt fest, daß Aufstehen anstrengender ist als Hinsetzen. Da kommt Nicole um die Ecke. Jegliche Müdigkeit und Sekundenschwäche verfliegt, wenn dieses Energiebündel auftaucht. Mit dem Zipfel ihres Putzlappens fährt sie liebevoll über den Rand des alten Tisches. „Tja, Conny, jetzt geht alles ganz schnell, dann führe ich hier wieder die Regie.“ Euphelia lächelt in sich hinein. So kennt man das Frühstücksengelchen. Am meisten liebt sie wohl jeder, weil man genau weiß, was sie sagt, das denkt sie. Und Euphelia weiß zudem, Engelchen liebt diese große Verantwortung für IHR Frühstücksbuffet. Seit vielen Jahren läßt sie sich hier für die Gäste am Morgen immer wieder etwas Neues einfallen, kocht Marmeladen, brät Fleisch, kombiniert Salate. Engelchen bereitet auch schon mal zu Hause alles vor, wenn es in der Hotelküche zu sehr wuselt. Nun kam in den letzten Monaten auch bei Engelchen das Hobby des Brotbackens an. Euphelia ahnt bereits, daß es hier tolle Gespräche über Saaten, Mehle, Kerne, Nüsse am Frühstücksbuffet geben wird. Engelchen selbst ist wohl am meisten überrascht, daß sie Brot bäckt – und das so voller Leidenschaft. Daß sie sich hier voll kreativ und in eigener Verantwortung frei ausleben kann, das ist ihr großer Traum eines Arbeitsplatzes. Hier kann sie ihn leben – und das tut sie mit aller Energie und Freude. Sie flitzt schon wieder los.

Conny erwischt sie als nächstes neben Liane an der Spüle zwischen den Flaschen, als ihr die Frage spontan einfällt: „Wen würdet ihr gern hier mal begrüßen, bewirten, mit ihm reden, gibt es da eine prominente Person?“ Und wie aus einem Munde, ohne zu überlegen, bekommt Conny den Steffen Henßler serviert. Ja, glaubt man das! So genau kennen diese Mädels ihre Wünsche. Na gut, dafür müssen sie wohl hier erst mal wieder alle gemeinsam in die Spur kommen, bevor sie diese hohe Etage der Ideen in Angriff nehmen. Conny hat so große Lust, solche Wünsche zu erfüllen.

Der Feierabend naht. Diese zehnköpfige Raupe ist ein Phänomen. Das Gewölbe strahlt voller Liebe und beantwortet die Zuneigung der letzten beiden Tage mit einem absoluten Wohlfühlaroma. Doch Engelchen nimmt zur Kenntnis – fertig also hier – und schon flitzt sie in den Salon. Die Fenster sind noch zu schaffen. Doch irgendwann ist Conny so sehr erschrocken. Euphelia spürt die Panik, die in ihr aufsteigt. Conny packt gerade Sachen für ein Päckchen der BuchBar zusammen, da hört sie Stimmen auf der Eingangstreppe. Conny zuckt förmlich zusammen. Nur ein Gedanke beherrscht sie völlig aus dem Nichts: Sie hat sich im Datum geirrt, die ersten Gäste kommen. Völlig unreal der Gedanke, denn dann hätten sich ja alle geirrt. Doch er steht mitten im Raum und Conny komplett unbeweglich daneben. Sie erkennt keine Stimmen, sie kann sich nicht von der Stelle rühren – sie hat sich im Datum geirrt. Das ganze Wohnzimmer ist noch Lager von allem – und Conny überlegt einen Bruchteil einer Sekunde, wo läßt sie das alles, bevor die Gäste die Eingangstür erreicht haben. Doch schon löst sich der Schock, denn Pia und Engelchen mit Besen und Handfeger bewaffnet entern lachend die Tür. „Wir proben schon mal den Aufstieg, haben wir uns so gedacht. Die Treppe hatte es nötig.“ Und in Connys Gedanken folgt die Erkenntnis: Gut zu wissen, der Schlüssel funktioniert noch.

Es ist so schön, daß viele ihrer Gäste sich mit ihr freuen, wenn es am 14. Juni wieder losgeht. Und sie freuen sich nicht nur, sondern buchen auch. Wo würde Conny jetzt hinfahren wollen, wenn alles wieder geht? Irgendwie gerade gar nicht weg. Die letzten sieben Monate haben zu einer völligen Verzücktheit über diesen Ort bei ihr geführt. Aber das wird sicher wiederkommen, Conny ist eine Reisemaus, das kann einfach gar nicht ganz vorbei sein.

Auf Nachfrage nach einem Traumreiseziel verrät ihr Engelchen: Dubai! Engelchen träumt davon, in der Eingangshalle des höchsten Hotels der Welt zu stehen und sich im Kreis zu drehen, sie möchte dort ganz nach oben fahren, sie möchte durch die Straßen schlendern und diese total fremde Welt an sich vorüber ziehen lassen. Und sie möchte echte Scheichs sehen. Und sie möchte vielleicht eine neu Idee für das Frühstück mitbringen. Das ist so richtig nochmal ein Traum von ihr, und Engelchens Augen strahlen dabei ganz besonders. Conny liebt Träume, und am meisten liebt sie es, wenn man seinen Traum lebt. Sie wird also auch Engelchens Traum fest im Auge behalten und weiß einmal mehr, daß ihre Truppe voller Überraschungen steckt. Euphelia schaut Conny vorsichtig von der Seite an – schleicht sich da etwa ein Tränchen der Rührung und Liebe ins Auge? Doch gleich nach Dubai kommt Engelchens Lieblingsplatz in Groß Breesen. Das nennt Euphelia mal einen Ehrenplatz auf der Skala.