Seit Stunden schaut Conny ein Märchen nach dem anderen. Sie hat Euphelia mitgenommen. Euphelia hat entdeckt, daß in den Märchen auch andere Hausschreibfedern ihren Dienst tun. Beim Däumling und bei der Prinzessin mit dem goldenen Stern. Wie spannend. Sie dachte, sie ist die einzige. Doch vor einigen Wochen durfte sie bereits einen Text lesen einer anderen Schreibgelegenheit. Ganymed.
Plötzlich hat Euphelia eine Idee. Wie schön wäre es, sich mit anderen Schreibgelegenheiten austauschen zu können. Alle anderen beginnen doch jetzt auch die kerzenerleuchtete Zeit des Advent. Viel beschaulicher und ruhiger als in anderen Jahren. Licht von all den Kerzen um uns herum. Gedanken können fließen, begünstigt durch den Vollmond am Montag. AnVollmond fanden immer unsere Lesungen statt. Kleine Geschichten an verschiedenen Orten brachten uns der Anderswelt ein wenig näher. Nun – das WIR muß wohl noch eine Weile warten. Doch wenn wir gemeinsam schreiben, wenn die Schreibgelegenheiten in Aktion treten, dann sind wir uns wieder viel näher. Wir können Traurigkeit und Sorgen und Freuden und Träume und Nonsens gemeinsam genießen. Vielleicht können wir uns sogar einander vorlesen. Elisa hat das im vergangenen Jahr so toll und liebevoll vorgemacht. Euphelia hat während der Adventszeit an jedem Tag eine Leseempfehlung gegeben. Wenn Ihr mögt, öffnet sie ihre Ideenkiste auch in diesem Jahr. Vielleicht tauschen wir Leseerlebnisse und Backrezepte aus. Erinnert Ihr Euch? Conny weiß genau, was in welchem Raum in ihrem WortReich am liebsten getrunken wird. Vielleicht erzählen wir uns mit unseren Federn und Stiften, was wir in welchem Raum jeder bei sich zu Hause oder anderswo am liebsten lesen, wie wir sitzen, welche Kissen und Decken uns stützen, was wir naschen und trinken, auf welchem Papier wir schreiben, welche Tinte wir mögen. Wie wir uns dabei fühlen – oder gern fühlen möchten.
Laßt uns doch gemeinsam unsere Welt bauen, so wie sie uns gefällt. Ja, hier ist es gerade sehr ruhig. Ganz anders ruhig als im Frühling. Conny ist so froh, daß in den letzten zwei Wochen ihre Eltern hier in Groß Breesen zu Besuch waren. So bekamen die Tage eine gewisse Struktur, alle konnten sich miteinander ein wenig umsorgen und verwöhnen.
Ja, verwöhnen und umsorgen, das ist Connys Leben, darauf wird sie vorbereitet sein, wenn es im nächsten Jahr wieder losgehen darf. Und sie hofft so sehr, daß auch ihre wundervolle Gutshotelfamilie ihr so lange die Treue hält.
Zunächst werden die drei Unzertrennlichen wieder putzen und räumen und zwischendurch schreiben und lesen und einfach mal Müßiggang genießen bei Kerzenschein. Vor allem werden sie sich um die Familie kümmern, um die kleine, um die große und um die ganz große.
Euphelia hofft.
Auf Texte, auf Austausch, darauf, daß alle ihre lieben Freunde gesund durch den Advent kommen und sich im nächsten Jahr lachend in den Armen liegen können.
„Weihnachten ist kein Zeitpunkt und keine Jahreszeit, sondern eine Gefühlslage.“ Calvin Coolidge
Euphelia verhält sich ganz still. Bloß keine ungestüme Bewegung. So geht das schon Tage lang, wohl schon den ganzen November, scheint es ihr. Voller Erwartung sind alle beide gleichermaßen. Zunächst dachte Euphelia, es liegt am grauen November, obwohl Conny ihn doch so sehr liebt, diesen Monat zwischen den Jahreszeiten, so still, dunkel, gemütlich, voller Kerzenschein und tanzender Laubblätter. Euphelia wechselte extra ihre Lieblingstinte mondstaubviolett aus gegen helles leuchtendes Bernstein. Neben ihr steht jetzt das Fässchen „Ambre de Birmanie“. Wenn es doch nun bloß aus ihrem Tank auf das Papier vor ihr fließen dürfte. Doch wie jeden Tag übt sich Conny mit ihr im Mikado. Wer sich als erstes bewegt, hat verloren. Conny sitzt rücklings auf dem Stuhl an Euphelias Schreibtisch, Arme auf der Rückenlehne verschränkt. Beide tun nichts. Beide starren sich an. Euphelia angespannt, Conny total gedankenverloren. Conny schaut Euphelia an. Stundenlang. Euphelia schaut Conny an. Stundenlang. Conny bewegt sich nicht, weil die Gefahr so groß ist, daß der Sack voller Wörter, die sie seit Tagen wie Herbstlaub eingesammelt hat, einfach auskippen könnte. Der leiseste Windhauch würde diese kostbare Sammlung aus dem magischen Moment heraustragen. Euphelia rührt sich keinen Millimeter, damit sie nicht diejenige ist, die unbedacht den Sturm im Wörtersack entfacht. Und damit ihr Tank dichthält. Manchmal zuckt Connys rechte Hand ein ganz klein wenig. Dann ruckelt Euphelias Fuß ein ganz klein wenig.
Euphelia muß es unbedingt berichten. Sie hat einen neuen Freund bekommen. Was für eine Freude. Ganymed wurde von Lydia Griech geschrieben. Sie ist eine Stammgästin des Hotels.
Lest selbst:
Ganymed an Euphelia
Hallo Euphelia,
ich habe Deinen letzten Blog vom 11.Oktober gelesen und ich denke, dass Du, als schreibende und unterstützende Kraft in Literaturien, auch ein wenig Rückenstärkung brauchst.
Ich darf mich kurz vorstellen: Ich heisse Ganymed, wie der Jüngling in der griechischen Mythologie, den Zeus, von seiner Schönheit betört, in den Olymp entführte. Er diente fortan den Göttern als Mundschenk, so wie ich meiner neuen Herrin Lydia dem Schreiben.
Ich habe ein bischen länger geschlafen in einer geschmackvollen Schachtel in der BuchBar in Groß Breesen. Spannend fand ich die Aufräumphase Anfang Juli. Uns allen wurde ein neuer Platz zugewiesen, von dem ich einen ganz neuen und interessanten Blick auf die anderen BuchBarbewohner bekam.
Auch ich, wie Du aus meinem Text bisher wohl ersehen kannst, stamme aus der Familie der Scribere, genauer gesagt der Untergruppe: Schreibutensilien. Und wie der Name schon sagt, bin ich ein außergewöhnlich schönes Beispiel meiner Gattung. Meine Farbe entspricht einem warmen Schreibfilzgrün, aufgedruckt in goldenen Lettern steht: „Schönheit ist überall ein gar willkommener Gast!“
Weshalb Lydia mich unbesehen ausgewählt und bestellt hat, hängt bestimmt mit ihrem Faible für den Autor dieses Satzes, Johann Wolfgang von Goethe, zusammen. Vielleicht aber auch mit ihrer Liebe zur Natur, denn auf der Hülle von mir ist, ebenfalls goldfarben, ein Gingkoblatt abgebildet. Das einzige, was ihr nicht ganz so gut gefällt, ist, dass wenn sie meine Kappe abzieht und mit mir schreibt, die Schrift in Blau erscheint. Sie hätte lieber Schwarz.
Dafür ist sie selig mit meinem Schreibfluss. Sie hat schon lange nach einem Schreibutensil gesucht, dass ihr so gut in der Hand liegt.
So, jetzt habe ich genug von mir berichtet. Aber das musst Du aushalten, Narzissten sind so. Lydia kann ein Lied davon singen.
Fast bin ich ein wenig neidisch auf Dich. Auf Deinem Platz im Foyer erlebst Du doch eine ganze Menge, auch wenn ihr momentan nicht viel Gäste habt, ob all der Geschäftigkeit von Conny und Familie um Dich herum.
Und ich denke, dass ist doch das Allerwichtigste in unserem bescheidenen Dasein, das Zusammenhalten und Zusammenstehen in Liebe. Menschen, die die gleiche Idee und Vision vom Leben haben, wie sie gelingt oder sich anderweitig offenbart und neue Wege weist … und da kommen wir ins Spiel.
Egal, ob wir als Ventil dienen, um blöde Gedanken aufs Papier zu rotzen, damit sie nicht die Synapsen für neue Ideen verstopfen, die in den Köpfen von unseren Menschen herumgeistern, Gestalt annehmen wollen und vielleicht neue Verbindungen schaffen.
Allein, dass Conny morgens mit Neugierde aufsteht ist schon die halbe Miete. Das Neugierigsein aus der Kindheit herüberzuretten und nicht zu verlieren, ist eine große Gabe.
Neugierig auf das, was das Leben mit uns momentan vorhat, was es uns sagen will und wohin es uns führt.
Alles macht Sinn in unserem Leben, auch wenn wir es manchmal im Moment nicht verstehen. Und Vieles hat im Leben keinen Bestand. Bestand hat nur, was man in die Herzen seiner Lieben und Mitmenschen gepflanzt hat, weil, da bleibt es. Und Conny ist da eine große Gärtnerin, die von der Liebe Ihrer Lieben getragen und gefüttert wird.
Etwas Gutes habt Ihr schon entdeckt. Du hast von Connys Möglichkeit zur Reflektion berichtet. Und dass ihr diese Reflektion immer wieder das Bild von Groß Breesen projeziert hat. Das zeigt doch, Ihr seid und bleibt auf dem richtigen Weg, auch wenn er holprig ist im Moment und viele Steine den Weg und manchmal sogar die Sicht versperren.
Da taucht neben dem von mir (Narziss lässt grüßen)entworfenen Bild der Gärtnerin das Bild einer Tankwartin (ist das richtiges Genderdeutsch ???) in Deinem Blog auf.
Tankstation Groß Breesen. Natur, Familie, Helfer und das Buchambiente. Das große Ganze. Und ein großes Ganzes braucht einen guten Geist, der dann allem innewohnt. Und der heißt Conny.
Wir wünschen von Herzen, dass das Anzapfen nicht über die Kraft hinausgeht und dass es Menschen und Utensilien gibt, (zu denen wir gehören möchten) die den Tank auch hin und wieder ein bischen auffüllen.
Anstrengen möge nur bedeuten Frohsinn und Neugierde zu bewahren. Kraft, Licht und Optimismus strahlt von allein und springt über.
Euphelia kommt sich vor wie eine große, starke, breite, schwere Schneeschaufel. Dabei ist sie eine zarte, emotionale, leichte Eulenfeder. Sie ist doch die Hausschreibfeder. Euphelia hat ein wunderschönes Füßlein in einem kleinen silbernen Stiefelchen, liebt mondstaubviolett und beobachtet sehr intellektuell von ihrem Posten auf dem Schreibtisch im Foyer aus das Treiben zwischen den Büchern und den Lesewesen. Doch in den letzten Wochen brauchte Euphelia starke Nerven und Muskeln. Immer wieder mußte sie fest an der Seite von Conny und der Gutshotelfamilie Zweifel, Ängste und Unsicherheiten beiseite schieben.
Die Insel Literaturien versucht mit aller Kraft ihren Gästen einen Urlaub zu gestalten, der das Draußen wenigstens für ein paar Tage vergessen läßt. Das geht im Hintergrund nur mit handfestem Tun, mit Anpacken, Zulassen, Abwägen, mit Zweifeln und dann wieder mit Selbstbewußtsein, mit Zusammenhalt, Einsicht und mit Bedacht. Und vor allem mit einer großen Liebe und Hingabe an diesen auserwählten Ort und seine Lesewesen. Den Gästen ein Lächeln in das Gesicht und Wärme ins Herz zu zaubern, das ist die wundervolle Aufgabe, der sich die gesamte Gutshotelfamilie verschrieben hat.
In Büchern wohnt Hoffnung. Sie fordern uns heraus und die besonderen begeistern uns sogar. In manchen realen Lebenssituationen muß Conny ganz hinten um die Ecke schauen, um die Hoffnung zu sehen. Sie muß tief in der Kiste der Möglichkeiten buddeln, um die Herausforderungen zu bewältigen und sich dem Abenteuer Leben voller Begeisterung zu stellen, denn halbe Kraft kann sie einfach nicht.
Verläßlich und konstant ist gerade der Wandel. Steht Conny am Morgen auf, ist sie gespannt, was der neue Tag wohl bringen mag. Früher gab es Buchungslisten für das Hotel. Heute gibt es das Radio am Morgen, Postleitzahlen, Anrufe und vieldiskutierte Entscheidungen. Auch eine Art von Abenteuer, denkt Conny manchmal. Sie mag spannend.
Früher gab es mehr Sicherheit, Beständigkeit … Wenn Conny sich diesen Satz so durchliest – boh, was für ein Quatsch. Wer hoch steigen will, muß es gegen den Wind tun. Gerade in den letzten Tagen hat sie mit Gästen gemeinsam in den alten Fotoalben geblättert. Da lagen sie ganz offen vor ihr – die Jahre voller Unsicherheit, voller Unwissenheit und Unbeständigkeit – na also, sie kennt es doch, sie kann es doch. Da war schon früher oft ein steife Briese von vorne. Steigen war Pflicht, um auf Flughöhe zu kommen. Doch zum Glück verliert Conny nur ganz, ganz selten ihre Unbeschwertheit, denn die ist die wichtigste Medizin für alle hier im Bücherhotel. Lachen, knuddeln, die Nähe, Conny – das Kind – mitten drin. So gehört es sich hier eigentlich. Sie sagt nicht, daß es immer leicht war, daß sie nie zweifelte, ob sie gerade die richtige Rolle als Hauptrolle gewählt hat. Viele Texte waren zu lernen als Mama, Gastgeberin, Geliebte, Ehefrau, Tochter, Unternehmerin, Chefin, … Sie glaubt bis heute nicht, daß sie immer alles gut gemacht hat, wenn inmitten von Veränderungen der Kurs gewechselt werden mußte.
Doch die Unbeschwertheit hält sie in Flughöhe.
Läuft gerade voll doof da draußen? Na, dann laß uns erst recht ein Bild malen von der Zeit danach. Da ist wieder diese unbeirrbare Neugier auf Möglichkeiten. Geht nicht – gibt’s nicht. Wenn es so nicht geht, laß es uns anders machen – aber machen. Mit Torsten, Maxi und der Gutshotelfamilie hat sie voll und ganz die richten Gefährten an ihrer Seite. Spannend und Spaß haben – fast ein Mantra für alle, die Conny näher kennen.
Euphelia hat gemerkt, wie Conny sich im September hinein steigerte in diese Angst vor dem lichtlosen Tunnelende, in diesen Frust, nicht selbst entscheiden zu können, sondern den Nachrichten glauben zu müssen. Wie diese ständige Frage nach dem Warum sie förmlich lähmte. Kein Wunder, daß Euphelia nicht mal einen Tropfen mondstaubviolett ziehen konnte, denn Conny hatte mal wieder die Luft angehalten. Doch, so wie der Spätsommer sich als fünfte Jahreszeit verabschiedet und die Bühne dem Herbst überlassen hat, so klar werden auch die Gedanken in Connys Kopf. Endlich nutzt sie die Chance der Veränderung in den Abläufen des Hotels, um selbst Neues zu lernen. Zum Beispiel pflegt sie eine enge Freundschaft zu Edoard und Edelgard (gut gefütterte Sauerteige aus Roggen und Weizen).
Irgendwie, so denkt Conny, hat sie doch was verpaßt, wenn sie aus dieser einmaligen Zeit, die es vorher noch nie in der Geschichte gab, als die gleiche Person auftaucht, nur älter. Dieses Jahr gibt ihr die große Chance, neu zu reflektieren, was wirklich wichtig ist in ihrem Leben. Dabei ist es so interessant zu spüren, daß es immer wieder die verrückten Träume und Ziele genau hier in Groß Breesen sind, die Conny antreiben. IHR Ort. Wenn sie mit ihrem Torsten gemeinsam den Gästen bei den Hausführungen ihre Kleinode zeigt, wenn sie bis zum Wagon in Eulenhausen kommen und sie diesen Literaturpark schon angelegt und blühend vor sich sieht, dann ist das die Energie eines Kraftwerkes. Keiner soll diese Insel Literaturien unverändert verlassen. Sie möchte Kraft und Licht und Optimismus ihren Gästen mit nach Hause geben, ein Lächeln für die Hosentasche. Sie möchte ihre Vision mit ihnen teilen, damit der Funke überspringt auf die Freunde, die mit dieser Magie lässiger und fröhlicher ihren Alltag leben können. Natürlich auch mit einer Sehnsucht, bald wieder in Groß Breesen anzukommen, um einen Kanister Frohsinn zu tanken. Da erscheint wieder so ein Bild, wie lustig. Conny als Tankwart – das kann sie sich total gut vorstellen. Wieviel Liter neue Ideen sollen es sein? Super oder normal? Scheiben wischen bis zur Klarsicht? Ha, und gaaanz wichtig: Modell völlig egal, Kleinwagen oder großspurig, hier bekommt jeder etwas mit für die weitere Reise.
„Es ist etwas Besonderes um Menschen, die am gedruckten Wort Interesse haben. Sie sind eine eigene Spezies: kundig, freundlich, wißbegierig – einfach menschlich.“ Nathan Pine
Übrigens brachten Ramona und Peter eine kleine Schallplatte mit, eine Hymne sozusagen auf den Wagon („Monsieur Dupont“ von Manuela), die sehr dazu beitrug, daß Connys Gehirnwindungen Fahrt aufgenommen haben. Euphelia glaubt, da kommt noch ein Zug ins Rollen in der nächsten Zeit. Monsieur Torsten, halt lieber den Wagon fest!
Euphelia spürt einen Hauch von Ruhe über ihrer Feder. Das ist keine Langeweile und erst recht keine Resignation. Euphelia hat das Gefühl, daß die Gutshotelfamilie einen eigenen Weg im Dickicht gefunden hat. Die ersten Wochen fehlte dieser innere Frieden, weil Conny so sehr versuchte, die Welt zu ändern und ihren Vorstellungen anzupassen. Das war Anstrengung, innerer Kampf, ständiger Vergleich, auch Angst und Rückschau. Jetzt sind bereits beide Sommermonate vergangen. Das Leben spielte sich fast komplett draußen im Park ab. Es war heiß, der Hof recht verwildert, um der Trockenheit ein wenig zu trotzen und vielleicht auch, um den Rebellen in Conny experimentieren zu lassen. Doch immer mehr durfte der Alltag einfach so sein, wie er war. Conny ignorierte die kopfstehende Welt um sich herum wahrlich nicht, doch sie brauchte eine lange Phase, um sie anzunehmen. Annehmen bedeutete für sie, den Wecker zu hören, ihn abzustellen und aufzustehen. Sie hat wieder einmal gelernt, Hilfe anzunehmen – von den Mitarbeitern, von der Familie und von Gästen, die ihr die Brücken zeigten von ihrer Insel Literaturien zum Festland.
„Warum verbringen wir soviel Zeit damit, uns auf den Zeitpunkt vorzubereiten, zu dem wir tun können, was wir möchten, anstatt es einfach sofort zu tun?“ las Conny bei John Strelecky.
Hier gibt es diesen Ort, an dem wir uns fallen lassen können, an dem keiner eine Rolle spielen muß. Ein Ort, der wahrhaft ein bißchen anders ist – insulanisch. Immer mehr merkt Conny gerade, daß dies ja auch für sie selbst zutrifft. Sie wollte schon immer Brot backen. Nun gibt es Sauerteig Edoard und schon eine Vielzahl verschiedener Brote, die den Reifeprozeß von mehr als 24 Stunden mit einem zauberhaften Geschmack danken. Sie wollte schon immer mal mitten am Tag einfach sitzen und lesen. Man findet Conny im Park! Sie wollte schon immer mal Kleider tragen. Macht sie und ganz oft in bunt. Sie wollte schon immer mal lange Fahrrad fahren. Sie ist noch zu faul. Man findet das Fahrrad im Schuppen.
Die ersten Lesungen fanden statt und alle merkten miteinander, wie sehr die Gespräche im Anschluß doch gefehlt hatten, das Beieinander am Lagerfeuer, das gemeinsame Lachen. Ein toller Höhepunkt war unser Osterwochenende im August, unsere Osterkaffeetafel mit den Osterfrauen im Tintenfaß bei Eierlikör und köstlicher Eierschecke von Renate und Bernd.
Aus diesem Zusammensein mit Stammgästen (Stammis genannt) und ganz neuen Entdeckern unserer Insel Literarturien unter ganz neuen Bedingungen entstehen gerade ganz neue Beziehungen, Ziele, Visionen. Weniger Menschen auf dem Hof heißt gerade so gar nicht Langeweile, sondern bedeutet Kühnheit, sich auf das eigene persönliche Wachstum zu fokussieren.
Es reicht nicht, die Liste zu erweitern mit der Überschrift: Was wolltest Du schon immer einmal tun?
Sondern Du mußt ins Tun kommen, Termine machen und diese mit Dir selbst einhalten.